| Boah! Ich war noch gar nicht richtig wach. Es war ja auch verflucht früh an diesem Sonntagmorgen. Der Samstagabend war deswegen ja schon mal geplatzt. Trotzdem völlig verpennt im Regen stehen und auf Bus und Lehrer warten. Die kamen dann auch. Die Herren Weinhold und Leismann und Frau Kraemer. Die stieg aber nicht in den Bus. Sie war krank. Leider. Das hieß erstmal, dass der Geschichts-LK ohne Fachlehrerin in Polen unterwegs sein würde. Tja und dann hieß das noch, dass wir erheblich weniger Informationen zu unseren Ausflugszielen bekommen würden. Frau Kraemer wäre die beste Reiseführerin gewesen. Sie heißt ja auch nicht umsonst »das wandelnde Lexikon«. Soweit waren also alle da. Fast alle. Irgendwer musste ja zu spät kommen. Ich war so stolz auf mich, dass ich es diesmal nicht war! Lukas Potaczala kam als letzter. Naja, wenigstens ist er überhaupt noch gekommen. Ja, dann ging es auch endlich los. Joseph stellte sich via »Busfunk« vor. Auf Josephs Begrüßung folgte ein kleiner Vortrag von Herrn Weinhold oder Herrn Leismann über irgendetwas. Wahrscheinlich wurde uns gesagt, wie wir uns im Bus verhalten sollten oder so was. Ich kann mich nicht daran erinnern. Ich war zu sehr damit beschäftigt mir die Kamera zurecht zu legen, mir Gedanken voller Vorfreude auf Polen zu machen und meine Müdigkeit durch viel schnelles Reden mit meinen Busnachbarn zu unterdrücken. Lang habe ich das natürlich nicht durchgehalten. Wenn in unserem Jahrbuch irgendwo die Kategorie »Busschläfer« oder so was auftaucht, dann könnt ihr mich an die erste Stelle setzen. Ich frag mich heute, wie ich das geschafft hab überhaupt einzuschlafen, weil eigentlich alle im Bus ziemlich gut drauf waren. So kam es mir zumindest vor. Viel passiert ist auf der Fahrt nicht. Hier und da mal eine kleine Raststättenpause. Mit klein meine ich wirklich klein bzw. kurz. Mehr als 20 Minuten waren da nicht drin. Da aber alle noch genug Essen und Getränke eingepackt hatten, war das nicht weiter schlimm. Als wir dann nach vielen Stunden deutscher Autobahn die polnische Grenze erreichten, schien die Spannung zu steigen. Die ganzen Geschichten aus dem Deutsch- und Geschichtsunterricht ließ bei allen eine gewisse Erwartung gegenüber den Grenzbeamten entstehen. Unterstützt wurde das noch durch die Wartezeit vor der Grenze. Ich weiß gar nicht mehr, wie lang wir da jetzt genau gestanden haben. Ich glaube 45 Minuten waren das schon, ja. Aber dann endlich kam ein Grenzbeamter. Die Pässe wurden eingesammelt und dabei die Fotos beäugt. An manchen Bildern schien der Polizist Gefallen gefunden zu haben, andere Fotos kitzelten ein Grinsen aus ihm heraus. Dann war der Mann in Uniform auch wieder verschwunden. Mit den Pässen natürlich. Was er mit ihnen gemacht hat, weiß ich bis heute nicht genau. Naja, jedenfalls gab es keine Leibesvisitationen und Kofferkontrollen oder sonst was. Alles nur Panikmache. Till Weiß |