Ein Tag im Rollstuhl


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Ein Tag im Rollstuhl

Wir haben das Buch Die Vorstadtkrokodile gelesen, in dem es um eine Gruppe, in die ein Junge eintreten wollte, der Querschnittsgelähmt ist, geht. Wir wollten in einem Experiment ausprobieren, wie es im Rollstuhl ist. Deshalb haben wir uns einen Rollstuhl besorgt, um zwei Kinder für einen Schultag in den Rollstuhl zu setzen. Wir fragten uns :

  • Wie rollstuhl-geeignet ist unsere Schule?
  • Kommt man mit einem Rollstuhl überall hin?
  • Werden die anderen Kinder freundlich oder fies zu den Kindern im Rollstuhl sein?
  • Wie werden die Lehrer reagieren?
  • Ist es schwer, zu den Unterrichtsräumen zu kommen, da es nur einen Fahrstuhl gibt?
  • Kann man es schaffen, zum Sportunterricht zu kommen, ohne dass man bei den Treppen stecken bleibt?





Meine Erfahrungen mit dem Rollstuhl

Von Julius Bücker

Zur Zeit lesen wir im Deutschunterricht das Buch Die Vorstadtkrokodile, in dem es einen Jungen gibt, der im Rollstuhl sitzt.

Damit wir uns besser vorstellen konnten, wie es ist. im Rollstuhl zu sitzen, habe ich es drei Schulstunden lang ausprobiert. Ich bekam auch einen Begleiter dazu. Die erste Schwierigkeit war die kleine Treppe vor dem Physikraum.

Ohne Hilfe mehrerer Personen wäre ich schon hier nicht weiter gekommen. Zum Glück waren meine Klassenkameraden zur Stelle. Einer hat mich unter den Armen gehalten und mich dann herunter getragen, die anderen haben den Rollstuhl genommen.

Die nächste Schwierigkeit wartete schon im Physikraum auf mich, und wieder brauchte ich Hilfe. Um auf meinen Platz in der ersten Reihe zu kommen, musste der Rollstuhl auf das Podest gehoben werden. Es dauerte eine ganze Weile, bis ich auf meinem Stuhl saß.

Nach der Physikstunde lief dann die ganze Aktion andersherum. Zum Glück haben wir immer eine Fünfminutenpause zwischen den Stunden. Diese Zeit reichte gerade, um vom einen Raum zum anderen zu kommen.

In der großen Pause sprachen mich lauter Schüler an und fragten, was mit mir los sei. Nach kurzer Zeit hatte ich schon keine Lust mehr, immer dieselbe Geschichte zu erzählen. Was mir aber schnell auffiel war, dass ältere Schüler rücksichtsvoller und hilfsbereiter waren als jüngere, die oft keinen Platz für mich machten.

Ich war froh, als ich nach (nur) 2,5 Stunden wieder aufstehen und mir die Beine vertreten konnte. Es war ein echter Luxus, nicht mehr ständig auf die Hilfe und Rücksicht anderer angewiesen zu sein.

Meine Erfahrungen als Rollstuhlbegleiter

Von Lukas Merten

Ich fand es sehr schwer, Julius einen halben Vormittag zu begleiten. Man musste ständig aufpassen, dass der Rollstuhl nicht irgendwo gegen fährt. Wenn ein Gang voll war, dann musste man höflich fragen, dass man durch darf. Das fand ich sehr schwer, und die kleineren Schüler haben Julius und mich oft geärgert, aber die größeren Schüler haben immer die Türen aufgehalten und sind zur Seite gegangen.

In der Pause war es sehr schwer, denn ich hatte ehrlich gesagt nicht immer Lust, Julius durch die Gegend zu schieben, aber ich musste ja auf ihn aufpassen. Ich fand, das war das größte Problem.

Das andere Problem war der Physikraum, Denn vor dem Physikraum sind Stufen. An der Stelle musste ich meine Klassenkameraden um Hilfe bitten. So konnten wir das Problem zwar lösen, aber im Physikraum war schon das nächste Problem, denn wir waren im Hörsaal, das heißt, in einem Saal mit Stufen. Meine Freunde und ich haben Julius geholfen, auf seinen Platz zu gelangen.

 

Meine Erfahrungen mit dem Rollstuhl

Von Angelina Schröder

Am Anfang hat mir das Experiment sehr viel Spaß gemacht. Dann gab es das erste Problem: Wie kommt man zur Sporthalle? Davina und ich mussten einmal ganz außen herum um die Schule fahren, weil auf dem Schulhof Treppen sind. Als wir an der Sporthalle angekommen waren, war das Umziehen das nächste Problem. Saskia hat mir beim Ausziehen der Hose geholfen. Dann hat mir Davina die Schuhe ausgezogen. Die Sportstunde machte ich normal mit, da ich diese nicht versäumen wollte. Nach der Sportstunde zogen mich Davina und Saskia wieder um. Dann sind wir wieder zur Schule gefahren (wieder außen herum) und Esra hat uns die ganzen Türen aufgemacht. Nun mussten wir zum Biologie-Raum. Wir nahmen den Aufzug, da in unserer Schule sehr viele Treppen sind. Für Davina war es nervig, die Aufzüge ständig aufzuschließen. Nach dem Schellen ist Davina zum Bio-Raum gegangen und kam schnell wieder, da sie mich vergessen hatte. Unsere Lehrerin hat uns dann die Tür aufgehalten. Dann fuhr Davina mich in die Ecke des Raumes und ich machte dort meine Aufgaben. Es war schwierig für mich auf meinem Schoß zu schreiben, denn ich hatte ja keinen Tisch. Nach dem Biounterricht mussten wir wieder mit dem Fahrstuhl nach unten fahren, außen herum zum Neubau und wieder mit dem Fahrstuhl hoch. Doch als wir vom Schulhof herunter gefahren sind, mussten uns zwei Oberstufenschüler helfen, den Rollstuhl über die Kante zu tragen. Das hat Davina nicht alleine geschafft, weil der Rollstuhl ja total schwer ist. Und da Davina mir im Musikunterricht meinen Stuhl zur Seite gestellt hatte, konnte ich sogar an meinem normalen Platz sitzen. Nach Musik sind wir wieder mit dem Fahrstuhl herunter gefahren, und es war meine Erlösung, dass der Rollstuhl endlich abgeholt wurde, denn ich hatte Po-Schmerzen und mir sind die Beine eingeschlafen. Und so ging mein kleines Erlebnis mit dem Rollstuhl zu Ende.

Meine Erfahrung mit dem Rollstuhl als Begleiterin

Von Davina Drücke

Rollstuhlbegleiter zu sein ist sehr anstrengend und erfordert viel Geduld. Du brauchst viel Kraft, um den Rollstuhl eventuell einen kleinen Berg hoch zu schieben. Für mich war es schwierig, weil du das ja erst lernen musst, mit dem Rollstuhl umzugehen. Umwege zu fahren ist teilweise schwierig und es dauert alles viel länger. Du bekommst viel Aufmerksamkeit von Größeren und Älteren, aber die Kleineren und Jüngeren achten nicht auf dich und gefährden den Rollstuhlfahrer auch manchmal noch dazu. Teilweise bekommst du Hilfe, zum Beispiel machen dir manche Leute die Türen auf, aber oft gucken dich die Leute doof an, gehen woanders hin oder drehen sich weg. Da kommst du dir voll hilflos vor. Du kannst ja nicht alles alleine machen. Bei den Türen, die alleine wieder zugehen, muss dir geholfen werden, und eventuell auch bei kleineren Stufen. Dazu kommt, dass der Rollstuhl super schwer ist.

Der Rollstuhlfahrerin war es auch peinlich, weil alle sie blöd angeguckt haben. Auch bekommst du öfters dumme Sprüche zu hören, so von wegen »Was hast du denn gemacht, Krüppel, mit so was wollen wir nichts zutun haben« et cetera.

Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrer fühlen sich dadurch gekränkt, weil es ja meistens nicht so ist, dass sie was dafür können, im Rollstuhl zu sitzen.

Das Ergebnis unseres Rollstuhl-Experimentes – Eine Schlussbetrachtung

Von Saskia Kallus

Unsere Schule ist gar nicht für einen Rollstuhl gebaut, denn jedes Mal, wenn man zu einem Raum unserer Schule im Altbau will, muss man viele Treppen laufen. Das ist natürlich ein kleines Problem, denn mit einem Rollstuhl kann man ja keine Treppen laufen, deswegen wurde vor einigen Jahren ein Aufzug an unsere Schule angebaut. Vor unserem Physikraum ist aber auch eine kleine Treppe, und die war mit dem Rollstuhl ein bisschen problematisch.

Eigentlich sind die älteren Schüler sehr nett und halten auch die Türen auf, doch die jüngeren Schüler rennen eigentlich durchs Gebäude und rempelten auch mal den Rollstuhl an, weil sie einfach nicht genau guckten und den Rollstuhl ignorierten.

Einige Lehrer waren hilfsbereit, einige aber auch ein bisschen verwirrt, weil nicht alle Lehrer etwas von dem Projekt wussten. Am zweiten Tag haben unser Mathelehrer (Herr Köhne) und unser Physiklehrer (Herr Fellenberg) unseren Rollstuhl schon vermisst.

Da Angelina und Davina ja um unsere Schule herum gefahren sind, sind sie auch nicht mit dem Rollstuhl stecken geblieben. Nur deswegen kamen sie ein paar Minuten zu spät und mussten sich mit dem Umziehen beeilen.

Nach diesem Projekt haben wir festgestellt, dass es gar nicht so einfach ist, mit einem Rollstuhlfahrer in der Klasse klar zu kommen. Man kann diese Person im Rollstuhl einfach stehen lassen, wenn man Streit hat, diese Person ist nämlich immer auf eine Hilfsperson angewiesen. Da man ja immer mit dem Rollstuhl entweder um das ganze Gebäude fahren muss oder mit dem Aufzug fahren muss, kommt man manchmal auch zu spät zum Unterricht.

Ich glaube, wir werden Behinderte beziehungsweise Rollstuhlfahrer jetzt ganz anders behandeln, weil wir gemerkt haben, dass sich Behinderte nicht wehren können und immer Hilfe brauchen und sie trotzdem normale Menschen sind. Man kann sich ja nicht aussuchen, ob man behindert oder normal auf die Welt kommt, deswegen müssen wir immer denken: »Das da drin können auch wir sein!!«

 

Stand:10.03.2006
Artur Weinhold

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