Wie alle SINUS-Projekte in NRW hat auch unser Projekt die Aufgabe, an einer Verbesserung des mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterrichts zu arbeiten. Wir entwickelten und erprobten innerhalb der letzten vier Jahre ein zeitgemäßes Grundkurskonzept für den Mathematikunterricht in der Oberstufe. Dieses Grundkurskonzept lässt sich in Anlehnung an die Projektbeschreibung etwa folgendermaßen umreißen: Eine wesentliche Zielperspektive bei der Kurskonzeption ist eine für alle Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe II bedeutsame mathematische Grundbildung, unabhängig davon, ob sie zukünftig in einen mathematiknahen oder mathematikfernen Beruf eintreten. Zu dieser Grundbildung, wie sie in einem zukünftigen Mathematikkurs angestrebt werden sollte, gehört ein angemessenes Bild von der Mathematik und ihrer Bedeutung im Alltag und in Wissenschaft und Technik. Der Unterricht soll dahingehend verändert werden, dass Schülerinnen und Schüler - Mathematik als ein Mittel, die Welt zu verstehen und als einen wichtigen Teil unserer Kulturgeschichte kennen lernen.
- Mathematik als relevantes Wissen und als Sprache erfahren. (Mathematik ist ein wichtiges Verständigungsmittel in vielen Bereichen der Wissenschaften, Technik und Wirtschaft.)
- Mathematik in ihrem Werkzeugcharakter begreifen.
Den Lernenden sollen die Bedeutung und der Aspektreichtum von Mathematik an anschaulichen und vielfältigen Beispielen vermittelt werden, übermäßig formalisiertes Arbeiten und die rezeptartige Beherrschung von Kalkülen werden eher in den Hintergrund treten. Eine solche mathematische Bildung wird in Kompetenzen operationalisiert, die die Schülerinnen und Schüler erwerben sollen. Dabei wird nach dem Vorbild der Kernlehrpläne in der Sekundarstufe I unterschieden zwischen inhaltsbezogenen und prozessbezogenen Kompetenzen, wobei gerade letztere zunehmend Beachtung finden. Im Zentrum der zu erwerbenden Kompetenzen stehen nicht Stoffkataloge, sondern zentrale mathematische Begriffe und Verfahren. Mathematik sollte an bedeutsamen Problemen und Fragestellungen entwickelt und nicht unreflektiert übernommen werden. Vielleicht besteht dann auch die Chance, durch Einsicht in Hintergründe und Zusammenhänge bei den Lernenden eine positivere Einstellung zum Fach Mathematik zu erzielen. Wichtig ist dabei, die verschiedenen Facetten eines Begriffs zu entwickeln und deren Relevanz zur Deutung realistischer Phänomene aufzuzeigen. Auch die Vernetzung der Begriffe muss in hohem Maße berücksichtigt werden. Aus dem niederländischen Mathematikunterricht (Wiskunde-A) hat Projekt 2 den Ansatz aufgegriffen, Probleme aus realen oder realitätsnahen Kontexten zu untersuchen. Schülerinnen und Schüler erfahren, dass es sinnvoll ist, mit Mathematik umgehen zu können und mit ihrer Hilfe Lösungen zu finden. Da sie die Inhalte stärker mit Vorkenntnissen und Alltagserfahrungen verknüpfen, können sie die Mathematik auch flexibler anwenden und besser behalten. In diesem Zusammenhang bekommt die Modellbildung ein größeres Gewicht gegenüber dem Abarbeiten eines Kalküls wie z.B. bei der Funktionsuntersuchung. Auch andere Kompetenzen wie Problemlösen und Argumentieren werden stärker gefördert, da die komplexeren Kontexte zunächst einmal erfasst und analysiert werden müssen. Heuristische Strategien erhalten bei der Bearbeitung ein hohes Gewicht. Denken wird wichtiger als die unreflektierte Anwendung auswendig gelernter Schemata. Unterstützend bei der Problemlösung wirkt der Einsatz neuer Medien und Technologien, sowohl als Hilfsmittel bei umfangreichen Berechnungen als auch durch ihre Möglichkeiten zur Visualisierung. Nur so sind realitätsnahe und damit auch komplexere Anwendungsaufgaben möglich. Kompetenzen lassen sich aber nur aufbauen und Inhalte nur vermitteln, wenn der Unterricht entsprechend strukturiert wird. Die Schülerinnen und Schüler sollen eigenverantwortlich und selbstreguliert ihren Lernprozess mitgestalten. Dies hat Konsequenzen für die unter-richtsdidaktischen und methodischen Erwägungen. So muss in weiten Teilen der fragend-entwickelnde Frontalunterricht durch andere, die Autonomie der Lernenden stärkende Unterrichtsformen abgelöst werden (kooperatives Lernen: Gruppenpuzzle, Expertenrunden,
). Hier findet erheblich mehr Kommunikation und Austausch über Mathematik, auch Mathematik im Alltag statt. Dies wird unterstützt durch offenere Aufgabenstellungen, die vielfältige Lösungsmöglichkeiten beinhalten. So wird eher ein individuelles Vorgehen ermög-licht, auch experimentelle Zugänge bieten sich an. Der Einsatz technischer Hilfsmittel ersetzt zeitaufwändige Rechnungen und schafft so mehr Freiraum für Diskussionen über mathematische Probleme. Die neue Aufgabenkultur arbeitet häufig mit umfangreicheren Texten als früher, da sich die Lernenden erst mit dem Kontext bekannt machen müssen. Die Lesekompetenz wird gefördert und die Schülerinnen und Schüler gelangen zu einer besseren Einsicht und Deutung auch ihrer Alltagsumgebung (z.B. auch beim Lesen des Wirtschaftsteils einer Zeitung). Damit auch die Lehrenden ihren eigenen Stil behalten und ihre Vorerfahrungen einbringen können, werden mit unseren Materialien keine fertigen Rezepte vermittelt, sondern Bausteine, die sich individuell anpassen und verändern lassen. Bei der Planung, Entwicklung und Beurteilung von Unterricht haben sich die folgenden Kategorien als tragfähig erwiesen: - Inhalte: Ideen und Begriffe
- Tätigkeiten und Kompetenzen
- Unterrichtsmethoden
- Auswertungsmethoden.
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