Hüttenzauber, Fördesand

Landschulheimaufenthalt der Klasse 7c in Glücksburg vom 10. bis 18. Mai 1990
Rambazamba um Mitternacht
Von Britta Kinner, Stefan Kämmler und Stefan Seuke

Wer meint, die dreizehnjährigen Schüler und Schülerinnen hätten sich tagsüber verausgabt und nachts wie Murmeltiere geschlafen, der täuscht sich: Wir haben uns in Glücksburg wie Eulen benommen. Jetzt werden einige von Euch bestimmt fragen: »Wieso Eulen?« Ganz einfach: Tagsüber schliefen wir, und nachts wurden wir aktiv. Genauso war es in Glücksburg. So wird auch jedem klar sein, daß Nachtruhe eigentlich »Nachtunruhe« heißen muß. Denn dem folgenden Bericht dürfte jeder entnehmen können, daß es nachts mehr Unruhe als Ruhe gab.

Am besten fange ich mit der ersten Nacht an, denn da ging es schon sehr turbulent (wenn nicht gar chaotisch) zu. Die Pauker ließen sich die ganze Nacht nicht blicken, so daß wir bis 24.00 Uhr ungestört randalieren konnten. Dann allerdings gab es Ärger von Herrn Höfer, dem Heimleiter. Doch auch das schreckte uns nicht ab. Zehn Minuten später machten wir weiter, und selbst die Drohung, den Lehrern alles zu erzählen, blieb wirkungslos. Das mitternächtliche Verlassen und Tauschen der Hütten beziehungsweise Betten ging weiter. Ans Schlafen dachte in dieser Nacht niemand. Dafür sorgten schon die anderen. Wer gerade schlafen wollte, wurde durchs Geklopfe an den Fenstern, durch das Türenschlagen oder das wilde Betthopsen wieder geweckt. Also machten die meisten erst gar keinen Versuch zu schlafen, stattdessen hielt man sich bei einer Freßorgie wach, in der der von der Herfahrt übrig gebliebene Proviant verzehrt wurde.

Es gab natürlich auch Leute, die sich gegenseitig wach hielten. (Wie? Zum Beispiel so: ein Küßchen hier, ein Küßchen da ...) Gegen vier Uhr morgens gingen dann die ersten duschen, um sich aufzufrischen. Nun hieß es, auszuhalten bis zum Frühstück. Die Freßpakete waren schon längst vertilgt, so daß sich bei den meisten ein Hungergefühl bemerkbar machte.

Erst um viertel vor acht traten unsere Lehrer zu einem Rundgang durchs Camp an und ließen sich dabei unsere nächtlichen Abenteuer erzählen. In den folgenden Nächten waren die Lehrer schlauer. Da es beim Frühstück am Freitagmorgen Ärger mit Herrn Höfer wegen der Nacht gab, erließen die Lehrer eine Vorschrift, die von da an jeden Abend galt. Um 21.30 Uhr hieß es Abmarsch in Richtung Waschräume. Dann sollten wir uns um 22.00 Uhr in den Hütten einfinden, damit wir um viertel nach zehn das Licht löschen konnten. Außerdem würden die Lehrer Wache schieben.

So kam es auch. Einige von uns wagten noch ein paar Versuche, die Lehrer auszutricksen. So meinten zum Beispiel drei Mädchen zu dem Patrouille gehenden Herrn Weinhold: »Wir müssen zur Toilette!« Gerade in diesem Augenblick traten aus Hütte 33 ebenfalls drei Jungen und meinten unschuldig: »Wir müssen auch zur Toilette!«

Was für ein Zufall! Doch weil uns die erste Nacht und die Holnis-Wanderung ziemlich geschlaucht hatten, ließen wir die Versuche bald und schliefen stattdessen. Da jeder die nächsten Nächte etwas anderes tat, gebe ich nun nur ein paar Beispiele von Leuten, die wirklich jede Nacht aktiv waren. So gab es zum Beispiel einen Jungen (in Klasse 7c, nicht wahr, Stefan?), der sich morgens um vier Uhr in eine Hütte setzte, um die Hüttenmitglieder gegen sieben Uhr zu wecken. Jener besagte Junge war es auch, der in den Hütten 41 und 42 seinen Harem hatte und sich dort allabendlich seine Streicheleinheiten abholte. Doch die Lehrer standen uns in nichts nach. So spielten sie zum Beispiel Füchse, die an den Hüttenwänden lauschten und Dinge mitbekamen, die nicht für ihre Ohren bestimmt waren. Außerdem drohten die Lehrer uns eine Strafe an, die bei diesem Wetter nicht sehr angenehm war: die Gulliwache. Das hieß, man durfte eine halbe Stunde lang in Shorts und T-Shirts einen Gulli bewachen. An Abwechslung fehlte es uns in den Nächten also nicht.Höhepunkt und Abschluß der Fahrt war die letzte Nacht. In dieser Nacht aber waren nicht nur die Schüler aktiv (gelle, Artur?). Einige Lehrer konnten ganz gut mithalten. Das sah bei dem soeben Erwähnten so aus: In der Absicht, die lärmende Hütte 33 zur Raison zu bringen, betrat Herr Weinhold die Hütte. Zu seiner nicht geringen Überraschung saßen Mädchen aus einer fremden Klasse 8 in der Jungenhütte. Herr Weinhold hob an, den Wert der Nachtruhe in gesetzten Worten zu erklären und den drei fremden Mädchen eine sanfte Abfuhr zu erteilen, als sich plötzlich die Tür öffnete und ein weiteres Mädchen wie selbstverständlich die Hütte betrat. Als es den Lehrer erblickte, fiel es vor Schreck fast rückwärts aus der Tür heraus, wurde aber von Herrn Weinhold eingeladen, sich doch noch einen Augenblick zu setzen und mit den Anwesenden den Abschied zu begehen. Da öffnete sich erneut die Tür, wieder stand ein Mädchen in der Tür und blickte erschrocken den Lehrer an. So ging es noch ein- oder zweimal, bis Herr Weinhold die Fête für beendet erklärte und alle in ihre eigenen Betten zurückschickte.

Als nächstes besuchte der Lehrer die Hütte 34 (eine Mädchenhütte!). Und wen erwischte er dort? Richtig! Jungen! Während Herr Weinhold Carla Nachhilfe in Biologie gab (Motto: »Kind, wirf dich nicht weg!«), verabschiedeten die Jungen sich und verschwanden (was Carlas Freund Michael Tumkaya [Adresse durchaus bekannt] natürlich nicht daran hinderte, eine halbe Stunde später – nachdem Herr Weinhold gegangen war – wiederzukommen und dort weiterzumachen, wo er aufgehört hatte).

Da ich selber (B. K.) auch einiges erlebt habe, bekam ich natürlich nicht mit, was die anderen machten. Was ich weiß, ist, daß einige Leute (mmmh, Silke?) Arm in Arm den Sternenhimmel betrachteten. (Ob Christian Bauer wohl viel von den Sternen mitbekommen hat? Wahrscheinlich hat er sowieso nur einen Stern genauer betrachtet …)

So verbrachten wir also die Nacht, und da der Bericht darüber etwas lang geraten ist, weiß jeder, daß sie super war. Man muß es einfach erlebt haben. Die durchschnittliche Schlafdauer in jener Nacht betrug zwischen ein und zwei Stunden. Koffer wurden ab vier Uhr morgens gepackt, so daß man ab fünf Uhr wieder Zeit hatte, Abschied zu nehmen.

Ach ja …: Herr Höfer war diese Nacht rücksichtsvoll. Er störte uns kein einziges Mal. Vielleicht hatte er Verständnis dafür, daß wir aus unserer letzten Nacht etwas Unvergeßliches machen wollten. Was uns ja auch gelang.

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Stand: 28.04.2001
Artur Weinhold

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