

Heikles Thema großartig umgesetzt
Dass Jugendliche sich während ihrer Schulzeit mit ernsten Themen auseinandersetzen wollen und auch können, bewies am Mittwochabend die Theater-AG des Lüner Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums.
Lena von der Krone, Franca Neumann und Johanna Wohlert hatten sich dazu entschlossen ein Stück zu schreiben, über das, was ihnen am Herzen liegt und wohl auch vielen ihrer Mitschülern nahe geht: das Vertrauen. Wem kann man heute noch bedingungslos vertrauen („Trust in Trustables“)?
300 Zuschauer verfolgten die Aufführung im Heinz-Hilpert-Theater. Im Mittelpunkt der Geschichte steht die heranwachsende Tara (Monique Bittner), die den schrecklichen Verlust ihrer besten Freundin Fee (Lena von der Krone) nicht unbeschadet übersteht.
Komplizierte Realität
Immer mehr zieht sie sich zurück, ist gegenüber anderen abweisend und geht keine Bekanntschaften mehr ein. Das Vertrauen in die Mitmenschen ist erheblich gesunken. Zweifel entführen sie in irreale Welten, in denen sie mit ihrer toten Freundin spricht. Die Realität erscheint immer komplizierter und undurchdringlicher.
Es ist der Verdienst der Theater-AG, die Lebensängste vieler Menschen mit dieser außergewöhnlichen Produktion sichtbar gemacht zu haben. Zunehmende Überwachungspraktiken, finanzielle Einschränkungen, das Recht des Stärkeren legimitiert durch eine gesellschaftliche Ellbogen-Mentalität und der Verlust an Solidarität durch ultimative Ich-Bezogenheit – allesamt Ursachen für das Abrutschen in scheinbar psychisch ausweglose Lebenssituationen, die bereits von Jugendlichen durchlaufen werden.


Dass Vertrauen auf Gegenseitigkeit beruht, schwindet zusehends aus dem Bewusstsein der Bevölkerung und somit auch aus ihrem Wertekanon. Die Umsetzung dieses heiklen Themas in ein eher düsteres Spiel auf mehreren Ebenen und Rückblenden sowie buchstäblich zwischen Himmel und Hölle ist der Theater-AG in einer großartigen Weise gelungen.
Sowohl der kühne Plot als auch die szenische Einrichtung, bei der Julia Hormann die drei Autorinnen unterstützte, kann nur als hervorragend bezeichnet werden. Darüber hinaus ist es bemerkenswert, dass die ambitionierte Regiegruppe immerhin 55 Mitwirkende äußerst diszipliniert und textsicher auf der großen Bühne agieren ließ. Hervorzuheben sind auch die einfallsreichen Kostüme und die selbst angefertigten Ausstattungsrequisiten, die keine Kulissenwände erforderlich machten sowie die Lieder der Solistin Lena Burkhardt.
Am Ende waren es stehende Ovationen des aufmerksamen Publikums, mit denen es dem Ensemble für diesen exzeptionellen und sogar vorbildlichen Theaterabend dankte.
„Es ist ein Thema, mit dem wir uns auch außerhalb der Probenarbeit beschäftigt haben“, sagte Hauptdarstellerin Monique Bittner im anschließenden Bühnengespräch, „unsere Aufgabe wird es sein, gegen die zunehmende Gleichgültigkeit vorzugehen!“